Das Mass aller Dinge
Im Streit um die richtige Breite bei Küchenmöbeln und -geräten hat sich Europa auf das Mass von 60 Zentimeter geeinigt. Ganz Europa? Nein! Denn die Schweiz hat ihre eigene Breite in der Küche standardisiert.

Schon mal von SMS gehört? Nein, damit sind nicht Kurznachrichten gemeint. SMS bezeichnet ein Stück Schweizer Industriegeschichte, das im Zeitalter der Globalisierung noch exotischer tönt, als es damals schon war. Aber beginnen wir von vorne: SMS steht eigentlich als Kurzform für das Schweizer Masssystem. In der Baubranche ist dies ein geläufiger Begriff, denn die Schweiz war in Europa lange Zeit führend in der Durchsetzung einer einheitlichen und verbindlichen Norm im Küchenbau. Küchengeräte und -möbel haben alle dieselbe Breite. Erst diese Richtlinien erlaubten anfangs der 1960er-Jahre die serienmässige und dadurch billigere Herstellung von Einbauküchen. 55 Zentimeter ist dabei das Mass aller Dinge – und davon rückt die Schweiz keinen Zentimeter ab. Die Schweizer Norm unterscheidet sich deshalb bis heute von den ausländischen Massen um fünf Zentimeter.
Jahrelanger Normenstreit
Die Schweizer Küchen- und Apparatehersteller fahren damit seit Jahrzehnten ihr Extrazüglein innerhalb Europas. 1967 stellte die Schweiz ihre Norm dem deutschen Küchenverband vor und empfahl sie wärmstens zur Übernahme. Die deutschen Hersteller pfiffen allerdings darauf und legten sich auf 60 Zentimeter fest – damit war die Diskussion um die richtige Elementbreite eröffnet. Der Normenstreit erreichte in den 1980er-Jahren seinen Höhepunkt, eine Einigung wurde nie erreicht. Seit 1996 gibt es deshalb auf dem Schweizer Markt zwei «offizielle» Masssysteme im Küchenbau: das SMS mit 55 Zentimeter und die Euronorm mit 60 Zentimeter.